Aufbringungen von Schiffen anderer Staten blieben nicht ohne Aus- wirkungen auf die Beziehungen zwischen den Vereinigten Provinzen und Frankreich, Spanien, besonders aber rait der ebenbürtigen See- macht England, welche zunehmend in Gegensatz zum Seehandelsriesen kam und dessen Grundsatz "vrij schip, vrij goed" nur für die nieder- landische Kauffahrtei nicht anerkennen wollte, jedoch von den Ver einigten Provinzen die Einhaltung jener Regel für seine, in diesem Fall mit Portugal handelnden Schiffe verlangte. Die Staten Generaal wiesen Cromwell auf diese Unvereinbarkeit hin und auch darauf, dass englische Schiffe unvermeidlich das Opfer zeelandischer Kaper werden würden. Schon seit dem Aufstand in Brasilien schwelte es zwischen der WIC und der in portugiesischem Dienst zunehmenden englischen Frachtfahrt, die die Aufstandischen mit Truppen und Kriegsmaterial versorgten; bereits Jahre vor dem Ausbruch des eisten Seekriegs kam es dabei zu Feindlichkeiten, wobei auf beiden Seiten Schiffe verloren gingen595. Der englische Gesandte George Downing, unverschamt und recht- haberisch, glaubte überdies (zumindest schrieb er in diesem Sinn an den englischen Hof) er müsse - und könne - alles durchsetzen; er drang bei den Staten Generaal heftig auf eine politische Entscheidung an, die englischen Prisen freizugeben und deren Reeder und Befrachter zu entschadigen, lehnte aber den in den Vereinigten Provinzen ge- setzlich festgelegten Weg, Streitfalle am Hof van Holland oder in letzter Instanz am Hoge Raad auszufechten, unumwunden ab. So holte sich Downing, was gar nicht in seine Plane passte, unvermeid- licherweise viele überwiegend oranjefreundliche Regenten Zeelands auf den Hals, die er ja zur Erreichung seines Ziels - die Erhebung des jungen Prinzen zum stadhouder war nur ein Mittel zum Zweck - den Sturz der staatsgezinden unter De Witt, deren Hochburg Holland war, bei der Stange halten musste196. Dass mit den Herrschaften aus Zeeland, die gewohnt waren, Ein- künfte aus der Kaperei nicht zu verschmahen, auch stammten sie von englischen Schiffen, schlecht Kirschen essen war, bekam Downing bald zu spiiren: Die Gehassigkeiten zeigen deutlich, worum es eigent- lich ging: England wollte, koste was es wolle - und es kostete drei Seekriege - die Vereinigten Provinzen als führende Seehandelsmacht vcrdrangen. Downing muss mit ohnmachtiger Wut den Gang der Dinge verfolgt haben, umso mehr, da De Witt und seine Parteiganger, übrigens ver- geblich, bei Ihresgleichen in Zeeland für einen Vergleich bei den am dortigen Prisengericht laufenden Prozessen eintraten197. Verglichen mit der bei der englischen Admiralitat fast schon üblichen willkürlichen Vorgangsweise gegen Dutzende aufgebrachte niederlan- dische Schiffe, ging es beirn Prisengericht in Middelburg noch gerecht 63

Tijdschriftenbank Zeeland

Archief | 1976 | | pagina 61